Der vielseitig interessierte und engagierte 65-jährige verfügte über zwei Studienabschlüsse als Diplom-Soziologe und Diplom-Psychologe, die er in den 1980er Jahren in München und Eichstätt erwarb. Im Januar 1993 trat er eine Stelle im Psychologischen Dienst von St. Vinzenz in Ingolstadt an. Knapp zwei Jahre später (im Dezember 1994) übernahm er dort die Leitung, die er 25 Jahre bis zum Eintritt in die Rente im Frühjahr 2020 innehatte.
Markus Pflüger war ein Mann der Tat mit einem leidenschaftlichen und fachlich fundierten Blick für das Notwendige. Dank seines Einsatzes ist das Spektrum von St. Vinzenz heute breit gestreut. Er initiierte die strukturelle Neuausrichtung auf Kinder und Erwachsene mit Behinderung. Diese leitete er1996 mit der Umbenennung der Einrichtung von "Kinderzentrum" in "Caritas-Zentrum St. Vinzenz" ein.
Gleichzeitig scheute er nicht vor umfangreichen Bauprojekten zurück. Einer der größten Leistungen in dieser Hinsicht war die 2007 abgeschlossene Generalsanierung und Erweiterung mit einem zusätzlichen Stockwerk an der Frühlingstraße, die rund 13 Millionen Euro kostete. Das Schulhaus war nach 30-jähriger Nutzung stark in die Jahre gekommen und viel zu klein geworden.
Als eines der ersten neuen Angebote entstand 1998 ein Wohnheim für Erwachsene "St. Anna". 2007 konnte in der Clara-Wieck-Straße eine weitere Wohngemeinschaft - als Außenwohngruppe von St. Anna - ins Leben gerufen werden. Des Weiteren entstanden 2009 in der Westlichen Ringstraße zwei Häuser mit je neun Miet-Appartements für Personen mit Anspruch auf Rehabilitationsleistungen. Dieses Wohnprojekt erhielt 2012 den ersten Inklusionspreis des Bezirks Oberbayern.
Die 2013 gegründete Kinderkrippe zog 2014 in das neue Gebäude in der Händelstraße 97 um. Das Wohnheim für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung fand dort 2016 ebenfalls ein neues Zuhause. Der Integrationskindergarten nahm seinen Dienst 2017 in den Räumen des früheren Kinderwohnheimes im Hauptgebäude auf. Ferner wirkte Markus Pflüger bei der Etabileriung der Partnerklassen und Außengruppen der Lessing Grund- und Mittelschule mit.
Der 65-jährige Dollnsteiner war auch ein sozial-politisch aktiver Mensch. So wirkte er 2011 bei der Gründung des Fachverbandes "Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V." mit. Bis 2016 war er Vorsitzender des CBP-Fachbeirates "Lernbehinderung und geistiger Behinderung" und Vertreter des CBP in der Konferenz der Fachverbände für Menschen mit Behinderung. Zur Verabschiedung aus dem Verband erhielt Pflüger das Emmaus-Relief, die höchste Auszeichnung des Verbandes. Seine Fachkompetenz und sein Einsatz für Menschen mit Behinderung war bundesweit bekannt und sehr geschätzt. Er setzte sich jahrelang für die sozialpolitische Weiterentwicklung auf der Bundesebene ein.
Markus Pflüger (Mitte) erhält das Emmausrelief des CBP
Nach seinem Eintritt in den Ruhestand engagierte Markus Pflüger sich auf Landkreisebene. Seit März 2020 wirkte als einziger Kreisrat der Linken im Kreistag des Landkreises Eichstätt mit. In diesem Gremium wollte er seine soziale Arbeit fortsetzen.
Der Diözesan-Caritasverband sowie das Caritas-Zentrum St. Vinzenz danken Markus Pflüger für sein leidenschaftliches sozial-caritatives Engagement. Seine herzliche und unkonventionelle Art werden wir in stets guter Erinnerung behalten. Vergelte ihm der liebende Gott seinen langjährigen Dienst für das Caritas-Zentrum St. Vinzenz und die Caritas. Seiner Familie und allen trauernden Angehörigen gilt unsere besondere Anteilnahme.
Markus Pflüger setzte sich leidenschaftlich für die Belange von Menschen mit Behinderung ein.
Er sagte "Ja" zur Inklusion, "aber nicht unbedacht"
Auszug aus einem Interview 2012
Frage: Sind Sie gegen eine gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderung?
Pflüger:
Nein, ganz und gar nicht. Meine große Vision ist, dass sich Schule zu einem Förderort für alle Kinder entwickelt, in dem sie gemeinsam und individuell auf ihrem jeweiligen Begabungsniveau lernen können. Eine unbedachte Eingliederung von Schülern mit besonderem Förderbedarf in schlecht vorbereitete oder mangelhaft ausgestattete Regelschulen wäre aber ein sehr gewagtes bildungspolitisches Experiment. Das würde zu einer Situation führen, die man mit "mittendrin und doch nicht dabei" auf den Punkt bringen kann. Stellen Sie sich einen Fußballspieler mit Downsyndrom vor, der in einer Mannschaft mittrainiert, zu den Punktspielen mitfährt und sich auch am Spielfeldrand mit den anderen warmspielt. Nur aufs Spielfeld darf er nicht. Die Verantwortung, aufs Tor zu schießen, bekommt er nicht. Dieses Erlebnis haben Kinder mit Behinderung, die vorschnell mit anderen zusammengebracht werden. Und das ist in den Förderschulen anders. Hier erleben sich die Kinder als Gleiche unter Gleichen, als Menschen, die Verantwortung übernehmen müssen: im Spiel, aber auch in der gemeinsamen Arbeit. Sie erleben sich als gebraucht, wenn sie zum Beispiel den Rollstuhl ihrer Tischnachbarn in die Turnhalle schieben müssen.